Aller Anfang ist entscheidend! So wichtig sind Kindheit und Jugend für die religiöse Sozialisation
Wie heißt es so schön: Die Kindheit prägt unser ganzes Leben – und damit auch unsere Religiosität! Vor allem die Konfirmation und die elterliche Prägung sind entscheidend für die religiöse Sozialisation von Kindern und Jugendlichen.
Doch welche weiteren Ereignisse und Personen beeinflussen die spätere Einstellung zur Religion? Wie wichtig sind kirchliche Angebote für die religiöse Entwicklung? Und wie könnte der Religionsunterricht der Zukunft aussehen? Die KMU 6 versorgt Sie mit den neuesten Erkenntnissen rund ums Thema religiöse Sozialisation!
Auf einen Blick
Die spannendsten Ergebnisse
Das Elternhaus ist für die spätere Kirchenbindung nach wie vor entscheidend.
Die familiäre Sozialisation und kirchlich verantwortete Angebote, vor allem die Konfirmation und Konfirmand*innenzeit, beeinflussen die spätere Einstellung zur Religion und Kirche maßgeblich.
Die Teilnahme an Bildungs- und weiteren kirchlichen Angeboten wird oft als prägend, wirkungsvoll und relevant erlebt.
Die Mehrheit der Bevölkerung spricht sich dafür aus, dass der Religionsunterricht in Schulen beibehalten wird. Die kirchliche Mitverantwortung am Religionsunterricht in öffentlichen Schulen wird jedoch zunehmend infrage gestellt.
Die große Mehrheit der Bevölkerung ist der Meinung, dass das Schulfach Religion neutral über alle Religionen informieren sollte.
Einflussfaktoren in der Kindheit und Jugend
Am Anfang waren die Eltern: So wichtig ist das Elternhaus für die Religiosität der Kinder
Das Wichtigste
Die vier am häufigsten genannten Faktoren, die in der Kindheit und Jugend einen Einfluss auf die spätere Einstellung zur Religion ausüben, sind: (1) Konfirmation, Erstkommunion, Firmung, Jugendweihe, (2) die eigene Mutter, (3) schulischer Religionsunterricht, (4) der eigene Vater.
Das Elternhaus beeinflusst die Religiosität der Heranwachsenden maßgeblich: 64 Prozent der Protestant*innen sprechen der Mutter eine besondere Bedeutung bei der religiösen Prägung zu – beim Vater sind es 40 Prozent.
Neben der Konfirmation zählt das eigene Elternhaus zu den prägendsten Faktoren, die einen Einfluss auf die religiöse Sozialisation von evangelischen und katholischen Kirchenmitgliedern ausüben. Im Gesamtvergleich weisen Katholik*innen dem Elternhaus sogar eine noch größere Bedeutung zu als Protestant*innen. Dabei werden außer der Mutter und dem Vater auch die Großeltern als mitentscheidend für die kirchliche Prägung genannt.
In der Kindheit der vor 1954 Geborenen hat Religion eine deutlich größere Rolle gespielt als in späteren Generationen. In den nachfolgenden Generationen ist die Bedeutung der Religion in der Familie konstant geblieben. Erst bei der jüngsten Befragungsgruppe (der 14- bis 20-Jährigen) ist ein deutlicher Rückgang zu beobachten.
Ein kontinuierlicher Rückgang religiöser Bezüge in den Familien ist nicht festzustellen. Dies kann also nicht die zentrale Ursache für den Verlust kirchlicher Bindungen sein. Wahrscheinlich ist, dass sich mit dem gesellschaftlichen Wertewandel der Umgang mit Religion in den Familien verändert hat. Diese Entwicklung hat auch Auswirkungen auf die Intensität der kirchlichen Bindung.
Bedeutung der Konfirmation
Having a Go(o)d time: Konfirmation als prägende Erfahrung
Das Wichtigste
Für die religiöse Entwicklung ist die Teilnahme an kirchlichen Angeboten in der Kindheit und Jugend maßgeblich. So gibt eine große Mehrheit von 70 Prozent aller Protestant*innen an, dass die Konfirmation ihre spätere Religiosität geprägt hat.
Die überwiegende Mehrheit der Konfirmierten, die evangelisch geblieben sind, haben ihre Konfirmation als bedeutsam für ihre spätere Einstellung zu Glaube und Religion erlebt. Die Teilnahme am Konfirmand*innenunterricht ist somit ein wegweisender Faktor der Kirchenbindung.
Grundsätzlich übt die Teilnahme an kirchlichen Angeboten genau wie die familiäre Sozialisation einen maßgeblichen Einfluss auf die spätere Einstellung zu Religion und Kirche aus.
Bedeutung der Konfirmation / Firmung
Gründe für die eigene Konfirmation / Firmung
Die Zahl der Jugendlichen, die sich konfirmieren lassen, bleibt konstant. Rund 92 Prozent der (ursprünglich) evangelischen Befragten sind konfirmiert. Auch die Teilnahmequote an der Erstkommunion liegt mit 97 Prozent der (ursprünglich) katholischen Befragten sehr hoch. Demgegenüber liegt die Teilnahmequote an der Firmung mit 86 Prozent etwas niedriger. Vor allem in der jüngsten Altersgruppe der heute 14- bis 20-Jährigen hat die Attraktivität der Firmung stark nachgelassen. Hier liegt die Teilnahmequote bei 65 Prozent.
Es zeichnet sich deutlich ab, dass die Kirche durch eine gezielte Verbesserung und Weiterentwicklung ihrer Angebote für junge Familien, Kinder und Jugendliche die Einstellungen zu Religion und Kirche auch in Zukunft nachhaltig prägen kann.
Bedeutung des Religionsunterrichts
Alle Religionen unter einem Fach? So könnte der Religionsunterricht der Zukunft aussehen
Das Wichtigste
Die Teilnahmequote am Religionsunterricht ist stabil: 77 Prozent der Befragten haben in ihrer Schulzeit in den Klassen 1 bis 9 am Religionsunterricht teilgenommen; 72 Prozent der Evangelischen haben ihn in guter Erinnerung.
Der Religionsunterricht hat von Generation zu Generation eine zunehmend pluralistische Konzeption erfahren. Das bedeutet: Er wird zunehmend – von den Jüngeren stärker als den Älteren – als ein Ort wahrgenommen, an dem unterschiedliche Meinungen zu religiösen Fragen frei diskutiert werden können und auch andere Religionen und Weltanschauungen zum Thema werden.
Die kirchliche Mitwirkung am Religionsunterricht steht zunehmend unter Rechtfertigungsdruck.
82 Prozent der Bevölkerung sind der Ansicht, dass im Schulfach Religion auch über andere Religionen informiert werden sollte. Etwa genauso viele Menschen befürworten, dass im Religionsunterricht Schulkinder verschiedener Religionen gemeinsam unterrichtet werden sollten.
Meinungsbild zur These „Die Kirchen sollten Religionsunterricht an allen öffentlichen Schulen mitverantworten“ differenziert nach Konfessionszugehörigkeit
60 Prozent aller katholischen und evangelischen Kirchenmitglieder befürworten einen kirchlich verantworteten Religionsunterricht an öffentlichen Schulen. Demgegenüber liegt die Zustimmungsquote unter Konfessionslosen bei 30 Prozent. Der Religionsunterricht wird vor allem dann besonders wertgeschätzt, wenn er pluralitätsfähig aufgestellt ist und einen überkonfessionellen Dialog ermöglicht.
Von den heute Ältesten (70-Jährige und älter) bis hin zu den aktuell jüngsten Befragten (14- bis 29-Jährige) wächst die Ablehnung einer kirchlichen Mitwirkung am Religionsunterricht. Obwohl die Sichtweise auf das jetzige Schulfach Religion in der Generationenfolge zunehmend kritisch wird, spricht sich derzeit die Mehrheit der Menschen in Deutschland dafür aus, den Religionsunterricht beizubehalten. Aktuellen Statistiken zufolge nehmen derzeit 63 Prozent aller Schüler*innen am kirchlich-konfessionellen Religionsunterricht allgemeinbildender Schulen teil.
Perspektiven kirchlichen Handelns
In vier Schritten zu einem neuen Blick auf die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen
1.
Glaubwürdiges Fundament aufbauen
Die Konfirmand*innenzeit hat eine wichtige Bedeutung für die religiöse Sozialisation.
2.
Vielfalt mitdenken
Bildungsangebote, etwa der Religionsunterricht, sind vor allem dann akzeptiert, wenn sie auf Pluralitätsfähigkeit abzielen und dies bereits konzeptionell abbilden.
3.
Offen reflektieren
Neue Modelle von Religionsunterricht müssen mit einem Dilemma umgehen: Zum einen hat religiöse Erfahrung hohen Einfluss auf die Wirksamkeit des Religionsunterrichts, zum anderen besteht gesamtgesellschaftlich eine Skepsis gegenüber der kirchlichen Mitverantwortung.
4.
Lebenslanges Lernen unterstützen
Kirchliches Engagement auf die jeweils jüngsten Generationen zu richten, ist sinnvoll, weil hier Haltungen zu Religion und Kirche auf Dauer geprägt werden. Ältere benötigen Gelegenheiten, um solche Haltungen zu aktualisieren, im Sinne einer Einübung in den Glauben.
Jetzt sind Sie gefragt!
Welche Faktoren haben Ihre Religiosität besonders geprägt? Was für einen Stellenwert hatte und hat die Konfirmation in Ihrem Leben? Und wie könnte der Religionsunterricht weiterentwickelt werden, um von der Gesellschaft auch in Zukunft akzeptiert zu werden? Teilen Sie uns Ihre Gedanken, Ideen und Impulse jetzt per E-Mail an info@ekd.de mit!