Kirchensteuer
KMU 6

Solidarisch, aber ungeliebt: Die Kirchensteuer

Wie stehen die Menschen zur Kirchensteuer? Gibt es Unterschiede zwischen Bevölkerungsgruppen? Und könnte eine Alternative zur Kirchensteuer die häufig mit ihr in Verbindung gebrachten Kirchenaustritte zumindest teilweise verhindern? Die Ergebnisse der 6. KMU zeigen, dass hier mehr als pauschale Antworten zu finden sind: Ein differenzierter Blick lohnt.

Auf einen Blick
Die spannendsten Ergebnisse

  1. Mehr als die Hälfte der Gesamtbevölkerung stimmt der Aussage zu, dass die Kirchen sich auf eine andere Art als durch die Kirchensteuer finanzieren sollten.
     

  2. Während insbesondere Konfessionslose der Kirchensteuer eher ablehnend gegenüberstehen, fallen die Ergebnisse unter Kirchenmitgliedern deutlich weniger kritisch aus.
     

  3. Die überraschendsten Ergebnisse liefert die erstmals durchgeführte Differenzierung nach Einkommensgruppen: Insbesondere die Einkommensgruppen, die substanziell zum Kirchensteueraufkommen beitragen, stehen dieser positiver gegenüber als erwartet.
     

  4. Insgesamt 57 Prozent der Befragten hält die Höhe der Kirchensteuer nicht für angemessen, weitere 32 Prozent sind bei dieser Frage unentschlossen.
     

  5. Lediglich jede*r Fünfte hält die Kirchensteuer für transparent bzw. nachvollziehbar.
     

  6. Hohe Werte kritischer sowie unentschlossener Antworten aufgrund mangelnder Nachvollziehbarkeit deuten darauf hin, dass es wichtig bleibt, Funktion und Zweck der Kirchensteuer immer wieder zu erläutern.

Prognose zur Kirchensteuerentwicklung

Traditionelle Mitgliedsbeiträge: So sicher wie das Amen in der Kirche?

Das Wichtigste

  • Die Höhe der Kirchensteuerbeiträge richtet sich nach der finanziellen Situation der Mitglieder.*

  • Die zu erwartenden Kirchensteuereinnahmen folgen dabei langfristig der Entwicklung der Mitgliederzahlen.

  • Derzeit kommen ca. 15 Prozent der Kirchenmitglieder für 77 Prozent des Kirchensteueraufkommens auf.

Konfessionelle Unterschiede

Unklare Alternativen: Entschiedene Ablehung nur bei Nicht-Mitgliedern

Das Wichtigste

  • Die gesamtgesellschaftlich hohe Ablehnung der Kirchensteuer wird maßgeblich von denjenigen Befragten beeinflusst, die keiner Religionsgesellschaft (mehr) angehören und somit auch keine Kirchensteuern zahlen (77 Prozent Ablehnung).

  • 39 Prozent der Evangelischen und 51 Prozent der Katholischen lehnen die Kirchensteuer ab.

  • Darüber hinaus äußert sich ein großer Anteil der Kirchenmitglieder unentschlossen. Unentschlossenheit ist bei einer derart polarisierenden Thematik zu erwarten, da sie zu erheblichen Teilen in mangelnder Nachvollziehbarkeit begründet liegt. Mit zielgerichteten Aufklärungsbemühungen ließe sich dieses Ergebnis perspektivisch vermutlich verbessern. 

Eine Infografik visualisiert die Antwortergebnisse zu der Aussage: "Ich finde, die Kirchen sollten sich auf eine andere Weise finanzieren, nicht durch die Kirchensteuer." Der unterschiedliche Grat der Zustimmung von Evangelischen, Katholischen und Konfessionslosen ist in Münzstapeln von variierender Höhe dargestellt. Die höchste Zustimmung ergibt sich bei den Konfessionslosen mit 77 Prozent, gefolgt von den katholischen Befragten mit 51 Prozent. Am ehesten befürworten die evangelischen Befragten das Kirchensteuersystem: Nur 39 Prozent fordern eine andere Art der Kirchenfinanzierung.

Einkommensgruppen und Orientierungen

Aufschlussreiche Differenzierungen: Wer Amen sagt, will auch bezahlen?

Das Wichtigste

  • Die 6. KMU liefert bei Fragen rund um die Thematik Kirchensteuer erstmalig auch nach Einkommensgruppen differenzierte Ergebnisse.

  • Die Ablehnung des Kirchensteuersystems nimmt – überraschenderweise - mit steigendem Einkommen ab.

  • Menschen mit säkularer Orientierung lehnen das Kirchensteuersystem im Vergleich zu kirchlich-religiösen stärker ab, gefolgt von Alternativen und Kirchlich-Distanzierten.

  • Regionale Unterschiede: Das Kirchensteuersystem erfährt im Osten die geringste, im katholischen Süden die höchste Ablehnung.

Evangelische: "Ich finde, die Kirche sollte sich auf eine andere Art finanzieren, nicht durch die Kirchensteuer." - gestaffelt nach persönlichem Monatsnettoeinkommen

Katholische: "Ich finde, die Kirche sollte sich auf eine andere Art finanzieren, nicht durch die Kirchensteuer." - gestaffelt nach persönlichem Monatsnettoeinkommen

Konfessionslose: "Ich finde, die Kirche sollte sich auf eine andere Art finanzieren, nicht durch die Kirchensteuer." - gestaffelt nach persönlichem Monatsnettoeinkommen

Höhe der Kirchensteuer

Gemischte Gefühle unter Befragten: Nicht-Betroffene beeinflussen Ergebnisse stark

Das Wichtigste

  • Die Diskussion um die angemessene Höhe der Kirchensteuer spaltet die Gemüter: Mehr als die Hälfte der Gesamtbevölkerung (57 Prozent) empfindet die Höhe der Kirchensteuer nicht als angemessen, weitere 32 Prozent sind in dieser Frage unentschlossen.

  • Besonders häufig kritisiert wird die Höhe der Kirchensteuer von Konfessionslosen oder Kirchenmitgliedern, die selbst nicht unmittelbar von der Zahlung der Kirchensteuer betroffen sind.

  • In der höchsten Einkommensgruppe heißen mehr Evangelische als Katholische die Höhe der Einkommenssteuer gut.

"Die Höhe der Kirchensteuer ist angemessen."

Evangelische: "Die Höhe der Kirchensteuer ist angemessen." - gestaffelt nach persönlichem Monatsnettoeinkommen

Katholische: "Die Höhe der Kirchensteuer ist angemessen." - gestaffelt nach persönlichem Monatsnettoeinkommen

Konfessionslose: "Die Höhe der Kirchensteuer ist angemessen." - gestaffelt nach persönlichem Monatsnettoeinkommen

Nachvollziehbarkeit des Kirchensteuersystems

Außer Thesen nichts gewesen? Jede*r Fünfte versteht das Kirchensteuersystem nicht

Das Wichtigste

  • 20 Prozent der Gesamtbevölkerung hält die Berechnung der Kirchensteuer für transparent und nachvollziehbar.

  • Das Verständnis für die Berechnung der Kirchensteuer steigt mit steigendem Einkommen der Befragten.

  • Katholische Befragte sehen über alle Einkommensgruppen hinweg ihren eigenen finanziellen Beitrag für die Kirche eher als irrelevant an als Evangelische.

  • 13 Prozent der Befragten befürworten eine Beibehaltung staatlicher Mitfinanzierung der Kirchen, 57 Prozent sind dagegen. Insbesondere Konfessionslose lehnen eine staatliche Förderung mit breiter Mehrheit ab.

"Es ist für mich transparent und nachvollziehbar, wie die Kirchensteuer berechnet wird."

Evangelische: "Es ist für mich transparent und nachvollziehbar, wie die Kirchensteuer berechnet wird." - gestaffelt nach persönlichem Monatsnettoeinkommen

Katholische: "Es ist für mich transparent und nachvollziehbar, wie die Kirchensteuer berechnet wird." - gestaffelt nach persönlichem Monatsnettoeinkommen

Konfessionslose: "Es ist für mich transparent und nachvollziehbar, wie die Kirchensteuer berechnet wird." - gestaffelt nach persönlichem Monatsnettoeinkommen

Alternativen zum aktuellen Kirchensteuersystem

Eine Frage der Mitbestimmung: Kirchenmitglieder wollen mitreden!

Das Wichtigste

  • Die Bereitschaft, Kirchensteuer zu zahlen, ist eng an den Wunsch der Kirchenmitglieder gekoppelt, Möglichkeit zur aktiven Mitgestaltung der Kirchen zu haben sowie mitentscheiden zu können, wie ihr Geld verwendet wird.

  • "Steuerzahlende sollten selbst entscheiden können, ob ein Teil ihrer Steuern an Religionsgemeinschaften oder andere gemeinnützige Organisationen weitergeleitet werden soll, egal ob man Kirchenmitglied ist oder nicht.": Zwei Drittel der Befragten wünschen sich – nach Vorbild Italiens und Spaniens – Mitbestimmung hinsichtlich dieser Frage.

  • Diesen Wunsch teilen neben 79 Prozent der Konfessionslosen auch jeweils über die Hälfte der evangelischen und katholischen Kirchenmitglieder.

Austrittsmotiv Steuerersparnis

Sparen oder bleiben? Diese Faktoren spielen bei der Entscheidung eine Rolle

Das Wichtigste

  • Mit 50 Prozent geben mehr evangelische als katholische (40 Prozent) Kirchenmitglieder die Kirchensteuer als Motiv für Austrittsüberlegungen an.

  • Der Zeitpunkt des Einstiegs ins Berufsleben birgt eine stark erhöhte Austrittswahrscheinlichkeit von Kirchenmitgliedern.

  • Von bereits ausgetretenen Befragten geben etwa 60 Prozent die Kirchensteuerersparnis als Austrittsgrund an.

  • Für die Mehrheit der Kirchenmitglieder, besonders der evangelischen, wäre die Ersparnis der Kirchensteuer allein allerdings kein Hauptgrund für einen Austritt. 

Evangelische: Grund für Austrittsüberlegung "Weil ich dadurch Steuern spare." - gestaffelt nach persönlichem Monatsnettoeinkommen

Katholische: Grund für Austrittsüberlegung "Weil ich dadurch Steuern spare." - gestaffelt nach persönlichem Monatsnettoeinkommen

Perspektiven kirchlichen Handelns

In drei Schritten zu einer nachhaltigen Kommunikation der Kirchenfinanzierung

1.

Finanzkommunikation transparent machen

Die Erkenntnis, dass besonders diejenigen, die de facto keine oder wenig Kirchensteuer zahlen, sowohl am kritischsten als auch am wenigsten informiert über das Kirchensteuersystem sind, unterstreicht die dringende Notwendigkeit verbesserter Finanzkommunikation seitens der Kirchen. Es ist entscheidend, den Mitgliedern nicht nur transparent und nachvollziehbar, sondern auch emotional den Nutzen der Kirchensteuer als lohnende Investition zu vermitteln. Hierfür ist Kommunikation im Sinne verständlicher Aufklärung erforderlich, die gezielt auf unterschiedliche Mitgliedergruppen eingeht, insbesondere auf jene, die sich distanziert fühlen und Zweifel an ihrem Kirchenengagement haben. Ein inspirierendes Beispiel ist die Kommunikationskampagne „Kirchensteuer wirkt!“ mehrerer evangelischer Landeskirchen, die auf zielgruppengerechte Weise Informationen zur Kirchenfinanzierung, insbesondere zur Kirchensteuer, bereitstellt.

2.

Gesellschaftliche Relevanz der kirchlichen Arbeit erlebbar machen

Dir kirchliche Arbeit, wie sie heute gestaltet ist, ist ohne individuelle Mitgliedschaft und Kirchensteuerzahlungen nicht leistbar. Eine finanziell geschwächte und organisatorisch reduzierte Kirche wird ihren sozialen Auftrag, insbesondere die Unterstützung von Armen, Bedürftigen, nach Lebensorientierung Suchenden und Randgruppen, kaum noch angemessen erfüllen können. Umso wichtiger ist es, die gesellschaftliche Bedeutung dieser Arbeit erlebbar zu machen und ihre Relevanz für das Gemeinwohl hervorzuheben.

3.

Freiheit von Abhängigkeiten als Wert stark machen

Die Vorteile des derzeitigen Kirchensteuersystems sind groß: Eine Kirche, die beispielsweise ausschließlich durch Spenden finanziert wäre, müsste sich stärker auf einzelne wohlhabende Spender*innen stützen und würde dadurch von deren Wünschen abhängig. Das derzeitige System der Kirchensteuer ermöglicht es den Kirchen, aktiv an der Integration einer zunehmend auseinanderdriftenden Gesellschaft mitzuwirken, indem sie als unabhängige Akteurinnen aktiv zur sozialen und religiösen Vielfalt beitragen und dabei von wechselseitiger Rückkopplung mit dem Staat profitieren.

Jetzt sind Sie gefragt!

Wofür zahlen Sie gern Kirchensteuer? Was muss passieren, damit Sie sich auch vorstellen können, Mitglied der evangelischen Kirche zu sein – falls Sie es nicht schon sind? Teilen Sie uns Ihre Gedanken, Ideen und Impulse jetzt per E-Mail an info@ekd.de mit!

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