Das Reformations-Update: Wie sieht die Kirche der Zukunft aus?
Die evangelische Kirche in Deutschland entspricht schon länger nicht mehr dem Bild, das die Gesellschaft von ihr in Erinnerung hat! Genau wie die Gesamtgesellschaft entwickeln sich Kirche und Gemeinden tagtäglich weiter, erfinden sich neu und stoßen wichtige Veränderungen an.
Doch was denken eigentlich die Menschen in Deutschland über kirchliche Reformen? Welche Erwartungen haben sie an die Zukunft der Kirche? Diese und weitere spannende Fragen haben wir in der KMU 6 mehr als 5000 Personen gestellt, einem repräsentativen Bevölkerungsdurchschnitt – die Antworten finden Sie hier!
Auf einen Blick
Die spannendsten Ergebnisse
Es gibt hohe Reformerwartungen an die Kirchen. Mehr als drei Viertel aller evangelischen Kirchenmitglieder finden, dass die Reformen ihrer Kirche in die richtige Richtung gehen.
Über alle Konfessionen hinweg herrscht eine große Zustimmung zur ökumenischen Orientierung und Zusammenarbeit zwischen den Kirchen.
Sowohl Kirchenmitglieder als auch Konfessionslose erwarten von der Kirche ein soziales Engagement, das über den Bereich des Religiösen hinausgeht.
Die Ergebnisse der KMU helfen uns dabei, wegweisende Entscheidungen zu treffen, um die Kirche überzeugend zu gestalten. Dabei bin ich gewiss: Die Kirche erleidet keinen Wandel, sie gestaltet ihn – inspiriert, aktiv und kreativ.
Dr. h.c. Annette Kurschus, ehem. Ratsvorsitzende der EKD
Zustimmung zu Reformen
Win of Change! So gut kommen die Reformen der Kirche bei ihren Mitgliedern an
Das Wichtigste
Über 75 Prozent der evangelischen Kirchenmitglieder bewerten die Reformen ihrer Kirche als richtig.
Unter den Katholik*innen meint etwa die Hälfte, dass die Reformen der vergangenen Jahre in die richtige Richtung gehen.
Meinungsbilder zu Reformthesen, differenziert nach Konfessionszugehörigkeit.
„Die Veränderungen, die es in den letzten Jahren in der (jeweils eigenen) Kirche gab, gingen schon in die richtige Richtung“
„Die katholische Kirche sollte die Heirat von Priestern zulassen.“
„Die Kirchen sollten homosexuelle Partnerschaften segnen.“
Während ein Großteil der evangelischen Kirchenmitglieder die Reformen der eigenen Kirche befürwortet, zeigt sich in der katholischen Kirche eine deutlich stärkere Polarisierung. Hier finden 49 Prozent (7 Prozent stimmen "voll" zu, 42 Prozent "eher") aller Katholik*innen die Reformen ihrer Kirche richtig. Die andere Hälfte der katholischen Kirchenmitglieder bewertet die Reformen hingegen als problematisch.
Sowohl katholische und evangelische Kirchenmitglieder als auch Konfessionslose sprechen sich klar für die Segnung homosexueller Paare und für die Aufhebung des Zölibats (Verbot der Heirat von Priestern) aus. Auch unter den religiösen Kirchenmitgliedern – und diese sind die noch eher kirchenverbundenen – wird eine konservative Position klar abgelehnt. Der Versuch, bestimmte Normen trotz einer geringen gesellschaftlichen Akzeptanz aufrechtzuerhalten, führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Abwehrreaktionen, Konflikten und Kirchenaustritten.
Kirchliche Mitbestimmung
Deine Stimme wählt! Kirchenmitglieder möchten mehr mitentscheiden
Das Wichtigste
Genau wie evangelische und katholische Kirchenmitglieder vertreten auch Konfessionslose den Standpunkt, dass Führungspersonen in der Kirche demokratisch gewählt werden sollten – so, wie dies in der evangelischen Kirche tatsächlich der Fall ist.
Die zunehmend konfessionslose Mehrheitsgesellschaft sieht demokratische Mitentscheidungsmöglichkeiten offenbar als einen so hohen Wert an, dass diese auch in Bereichen gelten sollen, in denen sie selbst nicht davon betroffen sind.
Meinungsbild zur These „Die Führungspersonen der Kirchen sollten durch die Kirchenmitglieder demokratisch gewählt werden“, differenziert nach Konfessionszugehörigkeit.
Gesellschaftliche Verantwortung
Kirche als soziales Netzwerk: Welche Rolle soll die Kirche in der Gesellschaft übernehmen?
Das Wichtigste
75 Prozent der evangelischen und katholischen Kirchenmitglieder sind der Meinung, dass sich die Kirchen nicht nur mit religiösen Themen befassen sollten.
Auch Menschen, die mit Religion wenig anfangen können, weisen den Kirchen eine wichtige soziale und gesellschaftliche Rolle zu.
Die überwiegende Mehrheit aller Kirchenmitglieder und Konfessionslosen begrüßt den konsequenten Einsatz der Kirche für Geflüchtete.
Meinungsbilder zu gesellschaftlichen Thesen, differenziert nach Konfessionszugehörigkeit.
„Die Kirchen sollten sich auf die Beschäftigung mit religiösen Fragen beschränken.“
„Die Kirchen sollten Beratungsstellen für Menschen mit Lebensproblemen betreiben.“
„Die Kirchen sollten sich konsequent für Geflüchtete und die Aufnahme von Geflüchteten einsetzen.“
„Die Kirchen sollten Kindergärten unterhalten.“
Ein Großteil der Konfessionslosen erwartet von der Kirche auch die Bearbeitung gesellschaftlicher Aufgaben, die über den religiösen Bereich hinausgehen. So sind 78 Prozent aller Konfessionslosen der Meinung, dass die Kirchen Beratungsstellen für Menschen mit Lebensproblemen betreiben sollten.
Insgesamt ist erkennbar, dass die Kirchen in Deutschland aus Sicht der Bevölkerung nicht auf das geistliche und spirituelle Geschehen reduziert werden. Stattdessen wird den Kirchen in Bereichen wie der Krisenhilfe oder der Lebensberatung eine wichtige gesellschaftliche Rolle zugesprochen.
Perspektiven kirchlichen Handelns
In fünf Schritten zu lebendiger Veränderung
1.
Evidenzbasiert handeln
Die Kirchen befinden sich mittlerweile in andauernden Reformprozessen. Dabei profitieren sie davon, dass die Einstellungen von Menschen zu Kirche, Glaube und Religiosität gut erforscht sind.
2.
Wandel als Chance begreifen
Selbst tiefgreifende Veränderungen in der Kirche lösen kaum Widerstand bei den Menschen aus. Das sollte kirchlich Verantwortliche ermutigen, beherzt Kirchenentwicklung – also die Mitgestaltung des ohnehin unausweichlichen Wandels in der Kirche – zu betreiben.
3.
Verantwortung übernehmen
Zu Handlungsperspektiven gehört auch, wie Kirchen mit Schuld umgehen. Ein glaubwürdiges Bild einer lernenden Organisation hilft, Schuld einzugestehen. Nur so wird Kirche Menschen gerecht und erwirkt das notwendige Vertrauen, um weiter handlungsfähig zu sein.
4.
Vertrauen bestätigen
Vor allem das Handeln von Kirchen im sozialen Bereich entspricht den Erwartungen der Bevölkerung. Kirchliches Handeln erfährt allgemein vor allem dann Zustimmung, wenn es besonders einleuchtend und gut kommunizierbar ist.
5.
Mindset erweitern
Dass die großen Kirchen in Deutschland fortan aus einer relativen Minderheitsposition handeln, ist für die meisten aktuell Entscheidungstragenden in der Kirche ungewohnt. Wenn gegenwärtig von Reform der Kirche gesprochen wird, geht es dabei oft zuerst darum, dass die Entscheidungstragenden in der kirchlichen Organisation ihre eigenen Einstellungen revidieren.
Jetzt sind Sie gefragt!
Welche Reformen wünschen Sie sich für die evangelische Kirche in Deutschland? Wie kann die Kirche den neuen gesellschaftlichen Erwartungen gerecht werden? Teilen Sie uns Ihre Gedanken, Ideen und Impulse jetzt per E-Mail an info@ekd.de mit!